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Februar 2008: Langjährige Initiativen der BmU zur Korruptionsvorsorge

Wie werden die Erfahrungen mit dem Korruptionsfall im Bauamt aufgearbeitet?

Als sich die Wählergemeinschaft BmU 1989 gründete, war einer ihrer wichtigsten politischen Leitsätze, "gegen Klüngel und Misswirtschaft" anzutreten.

Am 23. März 1993 stellte das BmU-Ratsmitglied Peter Schreiber Anfragen an den Stadtdirektor, welche Erfahrungen es bisher mit Korruption und Korruptionsprävention in der Erkrather Stadtverwaltung gab, und was in Erkrath getan werden kann, um das Korruptionsrisiko in der Verwaltungsbehörde zu minimieren. Am 28. März 1993 stellte die BmU-Fraktion den Antrag, das Thema "Vorbeugende Bekämpfung von Korruption in der Stadtverwaltung" auf die Sitzungen des Bau- und Vergabeausschusses, des Haupt- und Finanzausschusses und des Rates zu setzen. Eine der Grundlagen der BmU-Initiativen war der "Maßnahmenkatalog zur Vermeidung von Manipulationen und Verhinderung von Korruption in Kommunalverwaltungen" der vom Rechts- und Verfassungsausschuss Nordrhein-Westfalen angeregt und im Eildienst des Städtetages NRW veröffentlicht wurde.

Die Reaktionen auf diese sachliche BmU-Initiative waren teilweise schroffe Empörung und Spott bis hin zu der Aussage eines Ratsmitgliedes, Peter Schreiber rücke alle Verwaltungsbediensteten in die Nähe von Kriminellen. Im Tenor allgemeiner Ablehnung blieben auch Kommentare in den Zeitungen.

Westdeutsche Zeitung am 25.03.1993 unter der Überschrift: "Mafia": "Nun hat Erkrath ja auch keine anderen Probleme, als eine "neandertalsche Mafia" herbeizurecherchieren... ."

Die Rheinische Post kommentierte am 27.03.1993 und sieht die Ursache für Politikverdrossenheit der Bürger in Initiativen wie die der BmU. Unter der Überschrift "Verdruss geht um" heißt es unter anderem: "Konkrete Fälle kennt oder nennt Ratsmitglied Schreiber nicht. Eine Legendenbildung nach dem Muster: Aber es könnte ja sein... ."

Einsame Gegenstimme war ein Leserbrief (WZ 19.04.1993) von Volker Lahnstein, der die Initiative der BmU "mutig" und "absolut wichtig" fand.

Im Bau- und Vergabeausschuss des Erkrather Stadtrates wurde der BmU-Antrag, den Maßnahmenkatalog der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer auf Anwendbarkeit in Erkrath zu prüfen, bei nur einer Ja-Stimme der BmU-Fraktion von den Erkrather Parteien abgebügelt. Der Stadtrat verwies den Antrag dann wieder in die Ausschüsse, und so wurde eine wichtige Initiative der BmU abgewürgt. Die Chance, einmütig Korruption sozial zu ächten und damit eine abschreckende Wirkung zu entfalten, war vertan. Den Parteivertretern war wichtiger, die BmU zu ächten.

Zwischenzeitlich war ein ehemalige Mitarbeiter der Stadtverwaltung Erkrath in einen großen Korruptionsfall in Wuppertal verwickelt.

BmU: zweiter Anlauf zur Korruptionsvorbeugung

Am 17.07.1999 machte die BmU-Fraktion den zweiten politischen Anlauf. Sie stellte erneut den Antrag an den Haupt- und Finanzausschuss und den Rat, die Verhütung und Bekämpfung von Korruption auf die Tagesordnung zu setzen. Grundlage war ein Erlass des Innenministers des Landes NW vom 12.04.1999 für die Landesverwaltung, wie Korruption zu erkennen und zu bekämpfen sei. Teile des Maßnahmenkataloges - zum Beispiel eine Schulung zum Erkennen von Korruption durch Vorgesetzte und Kollegen - wurden Dank des BmU-Antrages dann auch in Erkrath umgesetzt.

Im übrigen hat sich die BmU in den vergangenen Jahren stets für eine Stärkung des Rechnungsprüfungsamtes, in welchem über mehrere Jahre die Stelle eine technischen Prüfers unbesetzt war, eingesetzt.

Im Dezember 2004 machte die BmU, nachdem zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter der Stadt wegen Bestechlichkeit ermittelt wird, den dritten Anlauf, mit einem Antrag die Korruptionsvorbeugung zu stärken.

BmU: Dritter Anlauf zur Korruptionsvorbeugung

Die BmU-Fraktion beantragte, dass die Stadt Erkrath die korporative Mitgliedschaft bei Transparancy International beantragt

Es handelt sich hierbei um eine internationale Organisation, deren Ursprung aus der Privatwirtschaft stammt und sich zunächst mit der Korruption in Entwicklungsländern beschäftigte. Bald wurde aber durch die aktuellen Entwicklungen auch die Korruption in Deutschland Arbeitschwerpunkt. Transparency ist die wohl in diesem Aufgabenbereich anerkannteste internationale Organisation mit Sitz in Berlin und arbeitet nicht konfrontativ, sondern sucht Koalitionen mit Regierungen, Verwaltungen und Politikern, mit der Wirtschaft und mit Gruppen der Zivilgesellschaft, die eine vertrauenswürdige, transparente, werteorientierte, zivile demokratische Politikkultur vertreten.
Wer Transparency Deutschland beitritt, verpflichtet sich den Zielen von TI.
Diese sind z.B.:

  • Bildung von Koalitionen gegen Korruption.
  • Begleitung und Monitoring der Umsetzung der OECD-Vereinbarungen zur Bekämpfung der internationalen Bestechung durch die deutsche Verwaltung.
  • Ausweitung der OECD-Vereinbarungen auf notwendige Flankierungsmaßnahmen wie Verbindlichkeit für Tochtergesellschaften, Bestechung politischer Parteien, mehr Transparenz in der Buchführung, intensivere Buchprüfung usw.
  • Ausbau und Stärkung der Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Vergabewesen (Beispiel: Zentralregister für korrupte und deshalb von der Vergabe ausgeschlossene Unternehmen).
  • Entwicklung des "Integritätspakts", eines TI-Modells zur Eindämmung der Korruption bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.
  • Stärkung von Informations- und Akteneinsichtsrechten gegenüber den Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen (Informationsfreiheitsrechte).
  • Unterstützung und Schutz für Hinweisgeber (Personen, die sich wegen schwerer Missstände bei den Zuständigen kein Gehör verschaffen konnten und sich daher an Dritte oder die Öffentlichkeit wenden - "Whistleblower").

Folge der Mitgliedschaft bei Transparency International ist z.B., dass auch die Ratsmitglieder (hier Beispiel aus der Stadt Hilden) eine weitergehende Erklärung abzugeben:

Ehrenerklärung zur Korruptionsprävention

  1. Ich verpflichte mich, Wissen, das ich durch meine Tätigkeit im Stadtrat, in Ausschüssen oder sons-tigen Gremien als Mandatsträger erlange, weder für private wirtschaftliche Interessen zu nutzen, noch an Dritte, die es für wirtschaftliche Interessen nutzen könnten, wissentlich weiterzugeben.
  2. Ich verpflichte mich, keine Zuwendungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile, die mir im Hinblick auf Entscheidungen eines einschlägigen Gremiums angeboten werden, anzunehmen oder einzufor-dern. Dies gilt auch für Vorteile oder Forderungen, die nicht mir direkt, sondern Dritten zu Gute kämen.
  3. Ich verpflichte mich, Fälle von Korruption, von denen ich Kenntnis erhalte, dem Bürgermeister anzuzeigen.
  4. Ich verpflichte mich, Interessenkonflikte, die sich zwischen privaten wirtschaftlichen Interessen und Abstimmungen in einem einschlägigen Gremium ergeben, vor der Beratung anzuzeigen.
  5. Ich verpflichte mich, Korruptionsprävention in der Öffentlichkeit voranzutreiben und zu vertreten.

Diese Ehrenerklärung geht über die Ehrenordnung der Stadt Erkrath deutlich hinaus. Im Gegensatz zu den meisten anderen kreisangehörigen Städten, wird in Erkrath in der Ehrenordnung keine Darlegung des Grundbesitzes verlangt. Die BmU regte an, auch hier über eine Änderung nachzudenken. Nur damit hatte sie Erfolg.

Die Stadt Hilden ist als erste deutsche Kommune im Jahre 2001 Mitglied bei Transparency International geworden. Der Rat der Stadt Hilden hat die Mitgliedschaft einstimmig beschlossen.

Neben den kommunalpolitischen Initiativen hat sich die BmU immer verpflichtet gefühlt, auch dem Kontrollauftrag einer in den Stadtrat gewählten Fraktion im Interesse des Allgemeinwohls nachzukommen. Eben: "Gegen Klüngel und Misswirtschaft"! Mit diesem dritten Anlauf ist die BmU weitgehend gescheitert. Die CDU erklärte in Teilen das Anliegen umsetzen zu wollen, lehnte aber eine Mitgliedschaft der Stadt bei der Fachorganisation gegen Korruption ab.

BmU: Vierter Anlauf zur Korruptionsvorbeugung

Im Dezember 2006 behandelte der Haupt- und Finanzausschuss den Antrag der BmU-Fraktion, ein Antikorruptionskonzept nach dem Vorbild des Kreises Mettmann auch in Erkrath zu erstellen. Unter Vorlage 246/2006 (erhältlich über www.erkrath.de / dann: Politik / dann: Ratsinformationssystem) kann die Vorlage eingesehen werden. Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes des Kreises Mettmann, Herr Beier und sein Mitarbeiter, Herr Engler, stellten das umfangreiche Antikorruptionskonzept des Kreises Mettmann vor. Auf Antrag des Fraktionsvorsitzenden der BmU-Fraktion, Bernhard Osterwind, beschloss der Haupt- und Finanzausschuss des Erkrather Stadtrates: " Die Erstellung eines Korruptionsbekämpfungskonzeptes für die Stadt Erkrath wird angestrebt. Die Verwaltung entwickelt Vorschläge zu Umsetzung insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit z.B. mit dem Rechnungsprüfungsamt des Kreises Mettmann (Mobile Prüfgruppe) und die Erstellung eines Korruptionsgefährdungsatlasses." Auch der Bürgermeister der Stadt Erkrath, Arno Werner, erklärte, dass er diese Anregungen nach Möglichkeit aufgreifen werde. Bei der Mobilen Prüfgruppe handelt es sich um Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamtes, die auch unangemeldet Beschaffungsvorgänge kontrollieren. Dazu gehört z.B. auch die Inaugenscheinnahme, ob gelieferte Waren auch nach einiger Zeit noch in Betrieb sind und auffindbar sind. Beim Korruptionsgefährdungsatlas handelt es sich um die lückenlose Einstufen der verschiedenen Tätigkeitsfelder in der Verwaltung und im Stadtrat nach Gefährdungsstufen. Jeder Gefährdungsstufe werden konkrete Antikorruptionsmaßnahmen zugeordnet, deren Umsetzung selbst regelmäßig kontrolliert wird.

Das Antikorruptionskonzept behandelt alle relevanten Aspekte und Maßnahmen und ist durch seine Transparenz auch ein hervorragendes Handwerkszeug für jeden Verwaltungsmitarbeiter und Ratsmitglied.

Der Beschluss ist bis heute (Stand Februar 2008) von der Stadtverwaltung nicht umgesetzt worden.

Zwei ehemalige Mitarbeiter der Stadt Erkrath werden im Januar 2008 wegen Korruption zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Die Westdeutsche Zeitung berichtet am 31.01.08 über einen Kommentar des Richters: "Der Schaden, den Sie nicht zuletzt der Stadt Erkrath zufügten, ist immens – auch wenn man es Ihnen dort zugegebenermaßen leicht gemacht hat."

Die BmU fordert in einem Antrag vom Februar 2008 die Erfahrungen aus dem Prozess aufzuarbeiten.