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Bericht aus dem Rat am 07.10.2021

Eine Mammutsitzung von 17:00 bis 23:10 Uhr

 

  • Bauprojekt Wimmersberg:

Bürgermeister, CDU und SPD überschreiten die letzte rote Linie eines Minimums an demokratischer Zusammenarbeit

Es ist notwendig, dass in Erkrath neuer Wohnraum geschaffen wird. Projekte wie „Erkrath neue Mitte“, das bis heute nicht abgeschlossen ist, zeigen aber auf, dass Verträge mit Großinvestoren genau überprüft werden müssen. Insbesondere bezüglich der Spekulationsgewinne durch Bauverzögerungen, wie man sie in Düsseldorf-Gerresheim (Glasmacherviertel) und am Hauptbahnhof (ehem. Postgelände- Grand Central/Catella) beobachten kann. Der vorliegende Vertrag lässt dem Investor 15 Jahre Zeit zur Umsetzung, das bedeutet 15 Jahre Großbaustelle in Alt-Erkrath. Und auch hinsichtlich Sozialverträglichkeit und ökologischen Faktoren müsste genauer hingesehen werden. Außerdem hätte man alternative Konzepte und Vorschläge sichten und in einem systematischen Wettbewerbsverfahren (Antrag u.a. der BmU) vergleichen müssen.

Die (etwa 1000) Einwände vieler Bürgerinnen und Bürger aus dem Beteiligungsverfahren sind nicht berücksichtigt und teilweise unter Verwendung unwahrer, unbelegbarer Tatsachenschilderungen und Fortlassungen rüde abgewiesen worden. Darunter Hinweise und Kritik von sachkundigen Bürgern wie dem Städteplaner Michael Laferi. (Die BmU hat seinen Plan auf ihrer Homepage veröffentlicht.)
Im Fachausschuss am Tag zuvor hatte die BmU unter Nennung von Belegen eine umfangreiche Liste vorgelegt, aus welcher sachliche Mängel der Abwägungsvorlage, dem eigentlichen Beschluss zum Bebauungsplan, hervorgingen. Diese Mängelliste wurde noch nicht einmal in seinen wesentlichen Teilen widersprochen. Trotzdem folgten CDU und SPD der Aufforderung des Bürgermeisters, den Beschluss unverändert zu fassen, ohne auf die falschen Tatsachenbehauptungen überhaupt einzugehen.

BmU-Fraktionsvorsitzender Osterwind: „In zahlreichen Fällen bewusst Tatsachenschilderungen in dem Beschluss zu belassen, deren Gegenteil unwidersprochen belegt ist, ist eine Überschreitung der letzten rote Linie eines Minimums an Zusammenarbeit in diesem Rat insbesondere auch durch den Bürgermeister.“ Um die inhaltlichen Mängel sowie die Änderungsanträge der anderen Fraktionen überhaupt beraten zu können, verlangte die BmU eine Vertagung des Beschlusses. Zumal dann in der Ratssitzung auch als weitere Zumutung hinzukam, dass ein Veränderungsantrag der Verwaltung zur eigenen Beschlussvorlage in einer neu überarbeitete achtseitige Abwägungsvorlage der Verwaltung (die im Übrigen einen Teil der Vorwürfe der BmU am Vortag nur bestätigte) den Ratsmitgliedern erst kurz vor der Sitzung auf den Tisch gelegt wurde. Diese konnte in der Sitzung nicht gelesen, geschweige denn bearbeitet oder innerhalb der Fraktion besprochen werden. Der Antrag auf Vertragung wurde von CDU, SPD und FDP ohne jede Begründung (!) abgelehnt.
Man weiß, es geht nicht gut, und macht es trotzdem. Die FDP hat klar die gravierenden Folgen der mangelhaften Stellplatzausweisung erkannt und beschrieben und folgte letztlich doch dem Investor. Die Chance, den Wimmersberg als Quartier positiv für die Erkrather Bürgerschaft zu entwickeln, ist vertan. Jetzt entsteht mit 13 sechsgeschossigen Gebäuden ein viel zu stark verdichtetes Gebiet.
Eindrücklich die Haltung einiger Ratsmitglieder, die eher auf die Uhr schauten, als sich die Argumente anzuhören. Und eine ausführliche Gegenrede von B. Osterwind zu den Plänen als „trumpähnliche“ Ausführungen - so RM Lenger FDP – ohne jeden Hinweis auf sachliche Fehler zu titulieren, zeigt auf, dass der Umgang in der fast vierstündigen Debatte teilweise unangemessen war.

Außerdem wurden von CDU, SPD und FDP die folgenden Änderungsanträge abgelehnt:

-Die Vertragsstrafen werden nicht erhöht. Ein wichtiges Druckmittel wird nicht genutzt. Jetzt wird nur eine angesichts der zu erwartenden Spekulationsgewinne lächerliche Summe (da nicht-öffentlich darf ich diese hier nicht nennen) aufgenommen.

-Ein vertragliches Belegungsrecht der Stadt für 30% der öffentlich geförderten Wohnungen wird nicht vereinbart.

-Eine Verbesserung der Klimaverträglichkeit der Gebäude. Abgelehnt. Der KfW-Standard 55 ist durch neue Erkenntnisse der Wissenschaft zum Klimawandel überholt.

-Eine Mobilitätsstation wird im Vertrag nicht festgeschrieben.

-Eine Berücksichtigung von Starkregenereignissen nach aktuellem Stand der Starkregenkarte findet in den Planungen nicht konkret statt. Die BmU-Forderung, dass kein Oberflächenwasser in Richtung von Nachbargrundstücken weitergeleitet werden darf, wird abgelehnt. Noch nicht einmal das Gutachten zur Entwässerungsberechnung lag vor, obwohl die Verwaltung sich darauf berief, wie BmU-Ratsmitglied Peter Sohn herausarbeitete. Ein Entwässerungskonzept liegt nicht vor.

Die Präsentationen von Bernhard Osterwind zum Planungsausschuss AUP am 6.10. bzw. zum Rat am 7.10. können Sie als pdf aufrufen: pdf AUP und pdf Rat

Bedauerlich auch, dass jetzt die letzte Möglichkeit für eine Verbindungsstraße („Entlastungsstraße“) zwischen Hochdahler Straße und Schlüterstraße (Aldi-Kreisel) verbaut werden soll, welche auch insgesamt zu weniger gefahrenen Kilometern und Schadstoffen in Alt-Erkrath geführt hätte. Das ist die letzte wirklich wirksame Maßnahme, um die „ungesunden Wohnverhältnisse“ durch PKW Verkehr auf der Neanderstraße zu mildern.

Eine von den Grünen geforderte massive Parkplatzreduzierung lehnt die BmU aber ab. Dies ist keine geeignete Methode, für weniger Autoverkehr. Dies ginge auf Kosten der Nachbarviertel, man vergleiche nur die Parkplatzsituation im Rathelbecker Weg, am Kalkumer Feld u.a..
Viel eher muss der nicht leistungsfähige ÖPNV und insbesondere die S8 verbessert werden. Seit Jahrzehnten gelingt das nicht. Die Baumaßnahme erhöht eher die Auspendlerquote der Stadt und das führt zu noch mehr PKW-Verkehr in der Stadt.

  • Bolzplatz an der Gruitener Straße soll ersatzlos verschwinden – Stadt will dort eine weitere Übergangsunterkunft errichten

Neben dem gerade im Bau befindlichen Neubau an der Gruitener Straße einer Übergangsunterkunft soll nun auch noch eine weitere, gleich große Unterkunft für Geflüchtete und Wohnungslose errichtet werden. Der Bolzplatz, der neben den Kindern und Jugendlichen des Viertels insbesondere durch die Grundschule Millrath im Sportunterricht und im Offenen Ganztag genutzt werden soll, soll nach Plänen der Verwaltung aufgegeben und überbaut werden: Den heutigen Nutzerinnen und Nutzern ohne Alternative genommen. Die BmU hat sich klar für den Erhalt des Bolzplatzes ausgesprochen. An anderer Stelle wird extrem viel Geld aufgewendet um Spiel-/ Sportstätten zu bauen (Stadtweiher), an der Grundschule Sandheide  - besonders teuer - sogar ein Platz auf dem Dach gebaut werden. Millrath soll gar nichts mehr haben.

Bernhard Osterwind will als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses überprüfen, ob man vor einem solchen Beschluss nicht den JHA hätte beteiligen müssen.

Zudem ist es aus Sicht der BmU notwendig, dass die Unterkünfte gleichmäßig über die Stadtviertel verteilt sind. Eine Zentralisierung ist gerade aus Gründen der Integration unverständlich und falsch.

Hier teilt die BmU voll und ganz die Position des Integrationsrates, der die Beschlussempfehlung der Verwaltung mit 7 (zu 3) Gegenstimmen abgelehnt hatte.

Und auch aus schulpolitischer Sicht ist die Entscheidung falsch, da die Grundschule Millrath jetzt schon an der Kapazitätsgrenze arbeitet und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund für alle Grundschulen wichtig ist.
Wie auch schon in der Frage der abgelehnten Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Einrichtung einer „Eltern-Taxi“-Haltestelle an der Gruitener Straße wird die Schule im Regen stehen gelassen.

Erkrath muss auch Sicht der BmU nach dem Verlust der Unterkunft an der Freiheitsstraße durch das Hochwasser für neue Unterkünfte sorgen.
Die BmU hat sich allerdings für andere Standorte ausgesprochen, z.B. im Baugebiet Erkrath-Nord, als Neubau am Thekhaus bzw. auf dem Gelände des alten Hochdahler Schwimmbades am Bürgerhaus. Auch hätte dies in die Planungen Wimmersberg integriert werden können und der Kauf des leerstehenden Arcadia-Hotels intensiver in den Blick genommen werden müssen. Zudem rächt sich nun, dass der Neubau am Maiblümchen nicht für den genannten Personenkreis vorgesehen ist.
Insgesamt muss die Stadt hier ein Konzept entwickeln und die Bürgerschaft intensiver in die Planungen von Übergangsunterkünften einbeziehen und hören.
Langfristig muss das Ziel sein, dass genügend Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können.

Nachdem sich viele Eltern der Grundschule Millrath, die bis dahin schon fünf Stunden gewartet hatten, kritisch zu Wort gemeldet hatten, und sich der Bürgermeister einer Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag offensichtlich nicht mehr sicher war, entschlossen sich dann CDU und SPD nach einer Sitzungsunterbrechung um 22:55, die Entscheidung zu vertagen.
Eine Entscheidung soll nun in der nächsten Ratssitzung, vermutlich am 3. November gefällt werden, nachdem die Verwaltung noch eine Einschätzung zu den Alternativstandorten abgegeben hat.

Diese Denk-Pause haben wir unterstützt.

 

 

Was heute im Rat nicht mehr behandelt wurde:

  • Radverkehr an der Bergischen Allee

Eine Aufhebung einer ganzen Fahrspur zugunsten einer reinen Radspur sieht die BmU an der Bergischen Allee nicht. Den Verkehr auf der L403n als Zubringer und Umleitung der A3 auf eine Spur zu begrenzen, würde ansonsten die Rückstaus an den Ampeln länger werden lassen und der Verkehr würde nicht mehr schnell genug abfließen. Auch die Buslinien 741/O6 würden so behindert.

 

  • Stadtweiher - wirklich nicht zu erhalten?

Auch dieses Thema wurde aufgrund der anderen großen Themen der Sitzung auf den nächsten Rat verschoben. Die BmU verweist an dieser Stelle nochmals auf ihre kritische Haltung zur beabsichtigten Verkleinerung des Stadtweihers auf 30% der ursprünglichen Fläche. In mehreren Punkten bezweifeln wir die Ergebnisse des vorliegenden Gutachtens: Eine Grundwasserabsenkung von mehr als 4 m ist ansonsten in Hochdahl nicht zu beobachten. Der Stadtweiher wurde laut vieler Augenzeugen bei der Erstellung auch nicht durch Grundwasser gespeist. Es bleibt unklar, ob und inwieweit der Teichboden abgedichtet ist, selbst im trockenen September konnte man große Wasserlachen finden, die nicht versickerten. Ohne einen Zufluss durch den Sedenbach zog sich ein Bach durch das Gelände. Die Wasserhöffigkeit der tieferen Bodenschichten muss überprüft werden und die Undichtigkeiten im Zufluss müssen behoben werden.
Hier ist aus unserer Sicht ein weiteres, völlig unabhängiges Gutachten eines anderen Büros notwendig, das die notwendigen Maßnahmen für einen Erhalt des Stadtweihers beleuchten soll. Eine reine Überprüfung des ersten Gutachtens, wie von der SPD vorgeschlagen, ist nicht ausreichend.